Rensch/Pairs Cycles, London 1935 -53

Wer sich an H.Rensch und Paris Cycles interessiert, stoßt sich eher auf Legende als Fakten an. Trotz großer Reputation auf deren Fahrräder bleibt vieles ungeklärt.

Harry Rensch, Grüchte nach ein Deutscher, Österreicher, Schweizer oder Elsässer, was alles nicht stimmt, fing an in Londoner Norden Rennräder zu bauen. Es war 1935 und er bekam ganz schnell seine Followers.

Schlagwort dieser Zeit ist „Continental Style“. Rennen in Massed Start war Traum für britische Rennfahrer, denn die Strassenrennen war hierzulande verboten.

Rensch besuchte angeblich 1935 Frankreich, und schaue dort u.a. neueste Technik des damaligen Rahmenbaus, Bronze Welding (=Fillet Brazing). Und sofort setzte er diese Technik für seine Rahmen ein.

Er war gerade 23 Jahre alt als er eigenen Shop aufmachte. Was er davor gemacht hat, weiss keiner. Nur das ist sicher, daß er für Hobbs arbeitete. Wo er Löten/Schweissen wie Metallarbeit gelernt hat ist unbekannt. Aber seine Rahmen war von Anfang an exzellent.

Er fing auch damit an, Bilamination anzuwenden. Offiziell sei Claude Butler der erste, der Bilamination-Technik benützt hat. Aber manche vermuten, daß Rensch zusammen mit Les Ephgrave, der damals bei Rensch gearbeitet hat, Bilamination entwickelt hat. Als Ephgrave Rensch verließ und zum Butler ging, nahm er diese Technik mit. Das bleibt auch Vermutung.

Rensch bekam schnell Reputation im Londoner Kreis. Sein Design war recht modern und von Franzosen beeinflusst. Er hatte auch extraordinär aufwendige Lackierung mit ineinander verlaufenden Farben. Dafür war der sehr künstlerischer Lackierer Harry Parr verantwortlich, der neben Fahrradrahmen auch andere Sachen lackiert hat.
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Es schien ein ständiges Kommen und Gehen von Mitarbeitern gewesen zu sein. In der Blütezeit seiner Werkstatt waren mehr als 10 Rahmenbauer/Handwerker am Werkeln.
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Bekanntestes Modell in der Vorkriegszeit ist „Tour de France“. Filet Brazed oder mit Bilamination(inspiriert vom Eiffelturm),, mit handgemachte Gabelkrone. Seine Tandem-Modelle waren auch schön wie filigran.
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In der Kriegszeit hat Rensch als Schweisser für Rüstungsindustrie an Werften gearbeitet. Was sein Fahrradgeschäft in der Zeit lief, oder nicht lief, weiss kein Mensch. Aber es müßte diese Zeit gewesen sein, daß er sein Geschäft statt H.Rensch „Paris Cycles“ umrannte. Rensch klang allzu deutsch und hat keinen guten Beigeschmack damals.

Und auch in dieser Zeit entwickelte er ein extravagantes Fahrrad, „Galibier“. Es gab in Großbritannien viel eigenwillige Rahmenentwicklungen, die keine Spinnerei, sondern Versuche von kurzem Hinterbau oder Ausbalancierung vom Komfort und der Steifigkeit dienen sollten.
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Die Rahmenform läst sich vermuten, daß die Steifigkeit am Tretlager etwas fehlen würde. Aber im Renneinsatz war Galibier erfolgreich. Nur einmal war der Rahmen am Tretlager gebrochen, als der talentierte Paris-Team-Fahrer Clive Parker, der selber diesen Rahmen gebaut hat, in Führung lag.

Rensch sagte, er hat die Idee von Jaques Schulzes „Funiculo“. Rensch hat Schulz in Frankreich getroffen und das revoltionäre Fahrrad begutachtet. Erster Prototyp von Galibier ähnelt sich recht stark an Schulzes Funiculo.
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Jaque Schulz Funiculo, Embach Collection

Nach dem Krieg war Konkurrenzkampf zwischen Rahmenbauer, vor allem in London, recht groß. Auch wenn das Fahrradgeschäft florierte, müssten sich Kleinere Werkstätte wie Rensch/Paris anstrengen, um weiter im Rennen zu bleiben.

In dieser zeit wurde Tandem ein wichtiges Modell für Paris Cycles. Modellpalette blieben aber fast unverändert überschaubar.

Und 1953 wurde Paris Cycles geschlossen. Das kam nicht zu plötzlich. Vorher war Rensch aus dem Geschäft geschieden. Seine Ex-Frau führte das Geschäft, wahrscheinlich mit der Absicht, es bald zu schliessen. Rensch, der eigentlich lustig fröhlicher Lebemann, der vielleicht weniger Geschäftsinn hatte, leidete an Diabetes und war schwach wie lustlos. Von seiner Frau war er schon längst geschieden, nachdem das gemeinsames Kind gestorben war. So verschwand Paris Cycles und damit ein Shooting Star des britischen Rahmenbaus sang- und klanglos aus der Fahrradwelt. Aufzeichnungen vom Geschäft ist nicht zu finden. Geblieben sind viele Grüchte und Legende.

Trotzdem gibt es ein Buch über Rensch/Pairs, zum Glück. Die Autoren versuchen durch mühsame Recherche Fakten zu sammeln. Ergebnis ist vielleicht nicht ganz befriedigend, aber Lesenswert:
Veteran Cycle Club Marque Album No. 3 RENSCH AND PARIS CYCLES

Ich habe einen Paris-Rahmen, der aber eine Obersized Innenlagerschale ohne Gewinde besitzt, welche für Bayliss Wileys „oil bath bracket unit“ ausgelegt ist. Das muß ich noch suchen.

Daß Kondor Cycles eine Weile von Tom Board Paris Galibier bauen ließ, ist eine andere Geschichte. Tom Board hat bei Rensch/Paris Rahmenabu gelernt. Und der Mitgründer von Kondor Cycles, Monty Young, war als Jugendlicher bei Rensch/Paris und war begeistert davon, vor allem in Galibier-Modell verliebt. So erfuhr das Modell später eine Renaissance.