Spuren der Erinnerung

Dieses Rad sollte aufgearbeitet werden, fahrtüchtig für den Alltag.

Die Marke Venezia ist mir unbekannt, vom welchen Herstellern es stammt. Schätzungsweise aus den frühen 60ern, hat sicher bereits mehrere Umbau hinter sich. Es ist wahrscheinlich aus einer deutschen produktion. Röhre sind nach BSC, auch Tretlager wie Steuerlager. Art des Dekors verrät das auch.

Ich fragte den Auftraggeber, ob er in deisem Rad einen ideelen Wert sieht, denn es wird nicht so ganz billig mit der Arbeit. Fast alle Teile wären auszutauschen. Das sei ein Erinnerungsstück, Erbstück. So überlege ich einige Tage und entschied, den Lack zu behalten, obwohl ein Neulack gut denkbar sei. Der lack wie Verchromung ist in der Tat in einem schlechten Zustand, viele Kratzer, viele Roststellen. Auch die Aufkleber sind an manchen Stellen zerfetzt. Ich denke aber, wenn man einen Neulack verpasse, verschwindet auch die Spuren der Erinnerung. Mit einem Neulack wird es ein anderes Rad.

Viele Roststellen wurden geschliffen, dann mit Rostumwandler neutralisiert. Lack wurde stellenweise übersprüht, nicht mehr klebende Aufkeber wurden abgetragen. Danach wurde die Oberfläche mit 2K-Klarlack geschützt. Hohlraum wurde mit Wax versiegelt.

So erzählt der Rahmen viele Geschichte, aber wird noch lange haltbar. Alles anders wurde erneuert. Da die Ausfallenden 95/120mm waren, habe ich nur hinten auf 126mm gespreizt. Damit ist bei diesem Rahmen 6-Ggang-Ritzel möglich(Originalzustand war mit 5-Gang). Bei 7-fach schleift die Kette die Innenseite der kettenstrebe so daß der äßerste Gang nicht brauchbar wird. Die Nabe anders spacen und 7fach Ritzel einbauen? Das hätte Einspeichung weiter asymmetrischer gemacht. Der innerste Ritzel mit 28 Zähne ist bei 6- oder 7-fach gleich. Nach Möglichkeit problemloser bauen macht das Rad alltagtauglicher.

Schaltwerk habe ich mehrere probiert. Einige ältere schalteten nicht ganz sauber mit Indexierung. So habe ich neues Micro Shift R10 spendiert, das ganz problemlos funktioniert. Schalthebel ist bequemer Shimano Revo-Shift für 6fach, was ich noch hatte.

Bremsen sind Tektro R559 mit langem Schenkel, und Mutterbefestigung. Bremshebel ist sehr klassisch aussehender Tektro FL750.

Innenlager ist Tange 113mm. Alu-Kurbel mit PCD110mm ist bestückt mit Stronglight 44Z Kettenblatt und FSA Kettenschutzring(eigentlich abgedrehtes Kettenblatt). Pedale MKS Silvan Touring, Kette SRAM für 6-8-fach.

Kombination von 32mm Reifen für den gewissen Komfort und 35mm Schutzblech, weil der Rahmen eigentlich Rennradrahmen und entsprechend(auch für damals) eng gebaut ist.

So entstand ein Fahrrad mit interessanter Gesamtwertigkeit. Die Erinnerung wird wach bleiben und ich finde es für diesen Fall besser als Neulackierung.