British Lightweight

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Hierzulande ist sie noch ziemlich unbekannt, die british lightweight bicycles. Bis 50er Jahre waren sie an der Spitze des Rennradbaus. Es wurde dort sehr viel experimentiert. Daher gibt es viel interessante Rahmenformen. Baines(flying gates, was von TJ Cycles heute noch gebaut wird) oder Hetchins(curly stay) ist sicherlich bekannt. Über 100 Rahmenbauwerkstatt gab es dort. Da es nach dem WW II eine Benzinverordnung gab, haben die Menschen maßangefertigte Fahrräder gekauft. So war die letzte Blüte des britischen Rahmenbaus bis anfang der 50er Jahren. Danach, als Benzin frei zur Verfügung stand, war das Fahrrad nicht mehr interessant, club cycling verlor ihre Popularität und sehr viele Rahmenbauwerkstätte verschwanden bis 1956.

Vor dem Krieg war in Großbritanien die Strassenrennen in Form von massed start race nicht erlaubt. So fuhren sie nach und nach einzel als Time Trial. Bis zum Rennstart kamen die Fahrer mit demselben Fahrrad, mit Schutzblech und evtl. Lampen. Das haben sie abmontiert und fuhren das Rennen, und dann wieder nach Hause. Das war sozusagen ein club run und das Fahrrad wurde oft als club model genannt. Daher haben die Rahmen Ösen für Schutzblech und Lampenhalter. British Roadster, der Name läßt was schnelles vermuten, hingegen ist ein Cityrad mit Kettenschutz und aufrichtigere Haltung und ist meistens ein schweres Alltagsrad, oft mit 26″ Rädern.
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In GB gibt es nicht sehr viel hohe Bergen. Die Strassen wurden sehr früh gut geteert. Das spiegelt sich in britischen Rennräder wieder. Sie waren sehr lange mit Schaltnabe ausgerüstet, oder sogar als Single-Speed. Flipflop-Nabe, genannt double cog, ist auch britische Besonderheit. Ab 1942, seitdem Strassenrennen erlaubt wurde, nahm der Einbau von Schaltwerk rapid zu.
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Britischer Rahmenbau hatte noch einige Besonderheiten. Sie bauten schon früh muffenlos. Was man heute Fillet Braze nennt, haben die Briten schon in den 40er Jahren praktiziert, aus dem Grund daß man so freier Geometrie wählen kann. Und diese Technik haben sie für preisgünstigen Rahmen benützt.
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Für teuren Rahmen hatten sie eine andere Technik, genannt bi-laminate. Stahlblech wird in (oft recht aufwendigen) Muster geschnitten, dann an jeweiligen Rohr gewickelt und gelötet. Die Röhre werden dann zusammengelötet und die Verbindungsstellen mit Silberlot fliessend gefüllt. Manche Rahmenbauer wie Hetchins trieben diese Technik zu einer dekorativen Spitzenleistung. Hetchins und dessen „fancy lugs“ aber wird in GB geschmacklich oft als not quite british, eher als osteuropäisch(Hetchins stammte aus Russland o.ä.) verstanden.
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Dieses Jubillee-Modell wurde 1953 beim 25-jährigen Jubiläum der Werkstatt, was zugleich Silver Jubilee von Königin Elisabeth II war, herausgebracht. Röhre sind Reynolds 531 plain tubes, also kein richtiges lightweight.

Einer wird sagen, der Erfinder von bi-laminate sei Claud Butler, der andere werde Harry Rensch (von Paris Cycles, London) dafür verantwortlich nennen. Es kann auch sein, daß Rahmenbauer Les Ephgrave diese Technik bei Harry Rensch entwickelte und dann sie nächstem Arbeitgeber Claud Butler mitgebracht hat. So sind bereits 3 sehr wichtige Namen im britischen Rahmenbau genannt. Bi-laminate ist nicht nur äußerlich hübsch anzusehen, sondern auch logisch und gibt sehr gute Steifigkeit.

Claud Butler war ein erfolgreicher club cyclist und begann Ende 20er Jahre seine eingene Marke aufzubauen. Handwerkliche Qualität seiner Werkstatt war sehr hoch und er war ein talentierter Geschäftsmann so daß Claud Butler eine der bestrenommierten Marken für british lightweight wurde, „King of the Lightweight“. Sein Zenit erlebte er in den 30ern und in der Nachkriegszeit. „Avant Coureur“, der 1949 präsentiert wurde, ist das bekannteste Modell mit wunderschönen Longpoint-Laminate und ausgezeichneter Fahreigenschaft.
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Claud Butler ging 1956 pleite. Danach wurde die Marke an Holdsworth verkauft. Dieser Name überlebte Auf und Ab der Fahrradwelt und existiert heute noch, als eine Marke vom Evans Cycles(was auch namentliches Überbleibsel des berühmten Rahmenbauers F.W. Evans ist), leider für in China hergestellte Massenfahrräder,,,

Bei Gelegenheit werde ich Informationen über weitere britische Werkstätte zusammentragen.